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23.09.2017

An der Wahlurne

Das aktuelle "Wort zum Sonntag" aus der Rundschau

Mit welchem Gefühl gehen Sie an diesem Sonntag zur Wahl? Ich hoffe ja, dass Sie gehen. ...
Artikelbild Bundestagswahl: Volksvertreterinnen und Vertreter werden gewählt und das ist gut so - in vielfacher Hinsicht. (Foto: J. Gerhardt) 

Denn manche treibt das Gefühl der Gleichgültigkeit um und der Eindruck, dass die eigene Stimme ohnehin nichts bewirkt. Andere sind enttäuscht oder wütend, dass die Welt so ungerecht ist oder so komplex und unübersichtlich  oder alles zusammen. Und sie wollen ihre Stimme, wenn überhaupt, einer Protestpartei geben, egal, was rauskommt, Hauptsache Protest.

Mehr Klarheit, schnelle eindeutige Lösungen, das wünsche ich mir auch. Sie gibt es aber oft nicht und darum fällt es schwer, große Unterschiede zwischen den meisten Parteien auszumachen.

Wen soll ich nun wählen? Die Kirchen geben keine Empfehlung – und das ist gut so. Aber es gibt eine christliche Empfehlung, mit welcher inneren Haltung ich an die Urne treten könnte. Sie heißt Dankbarkeit. Ich bin dankbar, dass ich überhaupt wählen kann. Ich bin dankbar, dass die Demokratie Macht begrenzt und wir daher alle Jahre wieder an die Urne gerufen werden. Eben weil kein Mensch gottgleich die absolute Wahrheit gepachtet hat. Ich bin dankbar, dass jede und jeder bei uns das gleiche Wahlrecht hat. Denn das ist Ausdruck des christlichen Menschenbildes, dass jeder Mensch den gleichen Wert, dieselbe Würde hat, bei Gott und auch in unserem Staat.

Wenn ich Welt besehe, ist all das nicht selbstverständlich. Darum bin ich als Christ froh über unsere Demokratie. Und das kann ich auch dann sein, wenn ich mich über politische Entscheidungen ärgere, vor allem die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, und auch immer wieder einmal über einen Politiker aufregen kann. „Gott hat uns geschenkt den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1,7). Dieser Geist möge mich leiten, wenn ich an diesem Wochenende an die Urne trete. Wut ist auf diesem Weg kein hilfreicher Ratgeber. Dankbarkeit schon. Denn sie macht mich nicht unkritisch, aber besonnener.
Joachim Gerhardt

Artikelbild Kölnische/Bonner Rundschau 

Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das "Wort zum Sonntag" in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de