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16.05.2016

Segel setzen, zu neuen Ufern aufbrechen

Pfingstfest "beGeistert 2016 - Weite wirkt"

Artikelbild Mit einem Gottesdienst an der Ruhr begann das Pfingstfest "beGeistert 2016 - Weite wirkt". 
"Die evangelische Kirche ist überall in der Welt zu Hause", beglückte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Pfingstgottesdienstgemeinde in Mülheim / Ruhr. Hier werde die Eine Welt lebendig und spürbar, sagte die Schirmherrin der Kampagne "Weite wirkt", deren rheinischer Höhepunkt Pfingstsonntag in Mülheim gefeiert wurde.

Unter dem Motto "beGeistert 2016 - Weite wirkt" wurde ein Tag ganz im Zeichen der Ökumene gefeiert. "Weite wirkt" ist das letzte der Themenjahre vor dem Jubiläumsjahr 2017 zur Feier von 500 Jahren Reformation. Vor Beginn des Gottesdienstes machte Kraft, die als Schirmherrin "Weite wirkt" unterstützt, klar, dass es uns alle unmittelbar angehe, wenn es anderswo Krisen und Krieg gibt, und dass es aus tiefer Mitmenschlichkeit heraus gelte, den Betroffenen Schutz zu geben. Die Ursachenbekämpfung erfordere einen langen Atem. Selbstkritisch müsse sie sagen, da habe auch die Politik noch Nachholbedarf.

Pfingsten sei nicht der Auftakt zu einer Vision oder einem Traum, sondern zu "veränderter Realität", sagte der Superintendent des Kirchenkreises an der Ruhr, Helmut Hitzbleck, zu Beginn des Gottesdienstes, der trotz der Eisheiligen-Kälte wie auch das gesagte Pfingstfest unter freiem Himmel gefeiert wurde. Direkt am Ufer der Ruhr wurde gebetet, gesungen, nach dem Gottesdienst auch diskutiert, gegessen, getrunken. Als Zeichen der weltweiten ökumenischen Verbundenheit wurde das Floß, mit dem später durch die Ruhr gepaddelt wurde, im Gottesdienst mit einem Segel versehen, bestehend aus verschiedenen einzelnen Stücken.

Kraft, Bewegung, Begeisterung

In ihrer Predigt sagte Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Leiterin der Ökumene-Abteilung im Düsseldorfer Landeskirchenamt, das Motto "Weite wirkt" habe es in sich, darin steckten Kraft, Bewegung, Begeisterung. Am Pfingstfest treibe der Geist Gottes die Menschen, er nehme sie über den eigenen Horizont hinaus in die Weite mit. "Wir setzen Segel, riskieren eine Fahrt zu neuen Ufern."

Gottes Geistkraft sei unbändig stark, verteile ihre Kraft und Energie auf jeden und jede, so die Theologin weiter. "Sie hat mehr als genug, je mehr sie gibt, desto mehr hat sie." Bei diesem Pfingstfest in Mülheim gebe es Ermutigungsgeschichten zu hören und zu erleben. Zum Beispiel wie die Kirche im Kongo von Soldaten überfallene und vergewaltigte Frauen zu neuem Selbstbewusstsein verhilft. Wie die Kirche in Tansania fernab großer Städte eine Universität baut, damit Menschen in der Region eine Ausbildung finden und nicht auswandern. Wie Kirche in Indonesien den Dialog mit Muslimen suchen und gegenseitigen Respekt einüben.

Barbara Rudolph zitierte Nelson Mandela, wonach die tiefste Angst der Menschen nicht darin liegt, unzulänglich zu sein, sondern unermesslich machtvoll. Wer sich klein mache, diene der Welt nicht. Und so rief die Oberkirchenrätin dazu auf, gegen den Wind zu segeln, von der Ruhr in den Rhein, in den Atlantik, in die ganze Welt. "Setzen wir die Segel, brechen auf zu neuen Ufern!"

Artikelbild Präses Manfred Rekowski als "Luther" bei der VEM. 

Paddeln, strampeln, diskutieren

"Paddeln Sie mit, dann wird Ihnen warm!" So wurde an der Anlegestelle für das Ökumene-Floß zum Mitfahren geworben. Mitmachen - dazu gab es im weitläufigen Stadthallengarten viele weitere Möglichkeiten. Rollator-Parcours. Bei "Brot für die Welt" strampeld auf einem Fahrrad die Küchenmaschine mit dem Früchtesaft zu Laufen bringen. Bei der Diakonie Seife selbst herstellen. Bei der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) in Luthers Amtstracht schlüpfen, was Präses Manfred Rekowski und Vizepräses Christoph Pistorius gern mal eben taten.

Bei Kindernothilfe, Umweltbeauftragten, bei Mülheimer Kirchengemeinden, bei Notfallseelsorge, Familienbildungsstätte, CVJM Informationen einholen. Bei der ambulanten Gefährdetenhilfe Fritten essen, anderswo Kuchen, Waffeln, Würstchen. Auf den Bühnen Musik hören. Zum Beispiel Chor und Tanzgruppe "Reimai" aus Westpapua.

Überhaupt die zahlreichen Geschwister aus den Partnerkirchen sprechen, hören, sehen. Gäste aus Tansania, Kongo, Botswana, Ruanda, Namibia, Indonesien, Brasilien, Italien, Polen, Ungarn, Belgien und England - sie gestalteten den Gottesdienst mit, erzählten bei Interviews auf den Bühnen über die Herausforderungen in ihren Kirchen.

Ob Afrika oder Asien - Hauptproblem ist die Gier

Armut, Radikalismus und Terrorismus, Menschenrechtsverletzungen, Korruption - das gehört zu den Problemen, mit denen sich Indonesien herumschlägt, erklärte beispielsweise Dr. Tuhoni Telaumbanua, Bischof der Christlich-Protestantischen Kirche auf Nias, bei einer der Podiumsdiskussionen. In Namibia sind es ebenfalls die Armut, außerdem Gewalt gegen Frauen und Kinder, HIV bzw. Aids, Arbeitslosigkeit, Dürre, so Paul Hatani Kisting, Vizebischof der Evangelsich-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia.

In der Frage der Ursache antworteten die beiden Theologen unisono: Gier. Telaumbanua hält gegen Gier oder beispielsweise auch Hedonismus diese Botschaften: Einfaches Leben ist möglich, es gibt genug für alle und alle sollten teilen.

BeGeistert 2016, das sind geschätzte drei- bis viertausend Menschen, die an diesem Tag das Fest mitfeiern. Das ist "Liquid Sunshine", wie es zu Beginn des Gottesdienstes hieß. Das sind Sonnenstrahlen, die aus dem kühlen Grau beim Eingangsvotum durchluken. Und "beGeistert 2016" ist auch, während Hagel vom Himmel knallt, auf der Bühne "Summertime" hören.