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20.11.2020

Wenn ich nur (Dich) habe?!

Kirche in WDR3 | 20.11.2020 | 00:00 Uhr

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Guten Morgen.

Man könnte ja meinen: Erfahrung macht klug. Aber wenn ich mir die Hamsterkäufe derzeit so angucke… dann komme ich doch ins Zweifeln.

Als zum ersten Mal im Frühling bei uns die Infektionszahlen in der Coronazeit enorm anstiegen und die Zahl der Intensivbetten in den Kliniken nicht ausreichend schien, wurden in den Supermärkten die Regale für Toilettenpapier, Mehl, Zucker, Öl und Hefe leer gekauft. Viele hatten sich gleich für mehrere Monate eingedeckt. Dabei hätte es bei normalem Kaufverhalten nie Lieferengpässe geben müssen.

Jetzt - 10 Monate später – wiederholt sich das in der zweiten Welle. Wieder stehen wir vor leeren Regalen, trotz aller Versicherungen, dass immer genug für alle da sein wird, wenn alle vernünftig einkaufen werden. Aber eben: alle und vernünftig.

Doch das ist wohl eine allzu idealistische Vision. Sie hat mit der Realität nicht viel zu tun. Ja, es gibt sie, die vernünftigen, einsichtigen und solidarischen Menschen, auf die wir in dieser Krise der Pandemie hoffen müssen. Mit ihrem sozialen Handeln tragen sie dazu bei, dass die Ausbreitung der Covid19-Infektionen lange Zeit in einem beherrschbaren Rahmen geblieben ist. Es gibt aber die vielen Unbelehrbaren und Selbstsüchtigen, die angeblich die Freiheit verteidigen und rücksichtslos die Gesundheit und das Wohlergehen aller anderen gefährden. Sie leben nach dem Motto: „Wenn ich nur habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde.“ Das heißt: Ich brauche mich vor nichts und niemandem zu rechtfertigen und zu verantworten. Ich kann tun und lassen was ich will. „Wenn ich nur habe...“

„Wenn ich nur habe…“ – das steht auch in der Bibel. In Psalm 73. Allerdings mit einem kleinen Unterschied. Da heißt es: „Wenn ich nur dich habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde.“ Es ist ein Gebet zu Gott, und damit zugleich ein Bekenntnis vor denen, die das Gebet hören: „Ich brauche nur dich, Gott, wer sonst zeigt mir den Weg zum Guten? Deine Gebote reden mir ins Gewissen, wenn ich Unrecht tue, anderen keine Achtung und Respekt entgegenbringe oder wenn mich sogar der Hass zerfrisst. Ich brauche keine anderen Ratgeber, die mich manipulieren wollen, Einflüsterer, die mich mit falschen Informationen für ihre Ziele ködern wollen. Wenn ich nur Dich habe, Gott, habe ich alles. Du hältst mich, Du tröstest mich, Du gibst mir Lebensfreude und die Zuversicht, vor Dir und den Menschen zu bestehen. Ich will mit Dir leben, Gott, sei mir nahe, damit ich das Gute und das Gerechte tue, das, was zum Frieden und Wohlergehen aller beiträgt, und damit ich das Böse und Ungerechte lasse, die eigensüchtigen Gedanken, die hasserfüllten Worte, die Wut im Bauch.“

Ein Gebet ist die Einsicht: Den idealen Menschen gibt es nicht. Und ein Gebet zeugt von der Hoffnung und von der Erfahrung, dass Gott Menschen ändert. Der Prophet Hesekiel sagt es so:

„Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ (Hesekiel / Ezechiel 36,27, Die Bibel - Neue Genfer Übersetzung)

So geht „leben“. (#wieleben) Mit Gottes Hilfe. Ich gebe um Gottes Willen diese Hoffnung nicht auf.

Es grüßt Sie, Pfarrer Rüdiger Schnurr aus Siegen.

Mehr Informationen zu einem guten Leben mit und in Krisen:

ARD-Themenwoche: #wieleben https://www.rbb-online.de/themenwoche/

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/53719_WDR3520201120Schnurr.mp3