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Pränataldiagnostik – mehr als eine individuelle Entscheidung

Akademiegespräch anlässlich der Woche für das Leben 2018

„Nur eine Gesellschaft, die Inklusion in allen Lebensphasen wichtig nimmt, kann eine Grundlage dafür bilden, dass eine Entscheidung für ein behindertes Kind nicht mehr so angstbesetzt ist“, unterstrich der Präses der rheinischen Kirche, Manfred Rekowski,  im Blick auf das Pro und Contra  vorgeburtlicher Untersuchungen jetzt bei einem Akademiegespräch.

Das Gespräch fand statt anlässlich der Woche für das Leben 2018: „Kinderwunsch – Wunschkind – Unser Kind!“. Das Gespräch ist hier abrufbar.

Diese Rolle der Gesellschaft hob auch seine Gesprächspartnerin, Professorin Sigrid Graumann von der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe hervor: „Wir machen es uns als Gesellschaft zu einfach, wenn wir immer nur auf die individuelle Entscheidung der werdenden Eltern sehen“, stellte die Biologin und Philosophin fest, die 2011 in den Deutschen Ethikrat berufen wurde. Sie wies darauf hin, dass die Pränataldiagnostik mehr und mehr Teil der Routineuntersuchungen bei der Schwangerenvorsorge werde. Es geht dabei nicht um spektakuläre genetische Eingriffe in das Genom des Kindes, sondern um diagnostische Verfahren, die in der Schwangerschaftsbegleitung schon weit verbreitet sind. Mit ihrer Hilfe können Eltern frühzeitig erfahren, ob sie ein gesundes Kind erwarten oder ob das Kind möglicherweise mit Einschränkungen oder einer Behinderung zur Welt kommen wird.

Pränataldiagnostik setzt auch ein gesellschaftliches Signal
Damit werde auch ein Signal setzt, so Graumann: Die Erwartung in der Gesellschaft nimmt zu, dass Schwangerschaften, bei denen eine Behinderung des Kindes diagnostiziert wird, abgebrochen werden -  auch wenn dies nicht direkt ausgesprochen wird. Gleichzeitig wächst die Genauigkeit der Diagnoseverfahren; damit werden immer mehr Eigenschaften des Kindes lange vor der Geburt bekannt. Welche Diagnosen begründen dann in Zukunft einen Abbruch der Schwangerschaft?

Wie verhalten sich Pränataldiagnostik und die Forderung nach Inklusion zueinander?
„Sicher möchten werdende Eltern möglichst viel Klarheit haben. Das ist erst einmal nicht zu kritisieren“, unterstrich der Präses. Auf der anderen Seite müsse man aber die langfristigen gesellschaftlichen Auswirkungen in den Blick nehmen. Die Gesellschaft habe sich gerade in kleinen Schritten auf den Weg gemacht, um Vielfalt und Inklusion zu leben. Pränataldiagnostik könne demgegenüber einen selektiven Charakter annehmen, wenn viele Betroffene sich bei einer ungünstigen Prognose für den Abbruch der Schwangerschaft entscheiden, so der Präses: „Womit wir uns befassen müssen, ist das Nachdenken darüber, wie sich das auf unser Zusammenleben auswirkt.“

Für die werdenden Eltern gibt es keine einfache Hilfestellung für ihre Entscheidung
Die Biologin und Philosophin Graumann weiß aus der Auswertung vieler Beratungsgespräche, dass viele eine schlechte Prognose als traumatisch erleben. Sie entscheiden sich unter großer psychischer Belastung für oder wider eine Abtreibung, die oftmals langfristige Auswirkungen  für den Einzelnen und die Partnerschaft hat. Beide Gesprächspartner waren sich einig: „Hier gibt es keine einfache Hilfestellung, die Entscheidungssituation ist hoch belastend“, so Präses Rekowski. Umso mehr muss man das weitere gesellschaftliche Umfeld in den Blick nehmen. Jeder Mensch muss in seinen Fähigkeiten und Begabungen und in seiner Würde wahrgenommen werden. Praktisch  folge z.B. daraus, die Angebote für Menschen mit Behinderungen auszubauen und ihnen eine gute Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen

Wie stehen Sie zur Pränataldiagnostik?
Gelegenheit zum Gedankenaustausch ist auf dem Blog von Akademiedirektor Dr. Frank Vogelsang:
www.frank-vogelsang.de