Kontakt | Impressum

Links zur Aggregation:

Metadaten:

13.08.2018

Gute Taten mit Kamm und Schere

Soziales Engagement

Artikelbild Barber Angel Sylvana Schürt bringt Wolfgang Koschorrecks Haar und Bart in Form. Rund 50 Männer, Frauen und Kinder werden im Haus der Diakonie in Völklingen von den ehrenamtlichen Friseurinnen und Friseuren kostenlos frisiert. 
Routiniert rasiert Sylvana Schürt den Nacken von Wolfgang Koschorreck, schneidet dann die Konturen. Der Völklinger freut sich. Einen Haarschnitt im Frisiersalon kann er sich nicht leisten. Im Haus der Diakonie in Völklingen verschönern ihn die Barber Angels Saar kostenlos.

Wolfgangs Sommerschnitt sitzt. Jetzt stutzt Sylvana noch seinen Schnurrbart, dann ist er fertig. Der nächste Kunde wartet schon auf die flinken Hände der Friseurmeisterin aus Asbach in Rheinland-Pfalz. Sylvana Schürt ist eine von sechs Friseurinnen und Friseuren der „Barber Angels Brotherhood“, die an diesem Sonntagvormittag im Hof des Hauses der Diakonie in Völklingen einen provisorischen Frisiersalon aufgebaut haben.

Sechs einfache Holzstühle stehen in einer Reihe, gegenüber gibt es eine Bank für die Wartenden. Auf den Stühlen nehmen nacheinander Männer, Frauen und Kinder Platz, um sich ihre Haare in Form bringen zu lassen. Ein Frisierumhang wird umgebunden und dann klappern auch schon die Scheren. Der Boden im Hof ist schnell mit abgeschnittenen Haarsträhnen übersät.

Menschen, die sich den Friseurbesuch nicht leisten können

Die Menschen, die hierher kommen, sind nicht auf Rosen gebettet. „Alle unsere Klienten sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Sie werden in den Projekten unseres Hauses betreut, von der Schuldnerberatung über die Hilfe für Wohnungslose bis zur Migrationsberatung“, erklärt Sozialarbeiterin Sabrina Sofka-Hell.

Sie hat den Kontakt zu den „Barber Angels“ hergestellt und die Friseure nun schon zum zweiten Mal ins Haus der Diakonie eingeladen. Die Klienten nehmen das Angebot dankbar an. „Wir haben eine Liste ausgelegt für die Interessenten. Die gut fünfzig Plätze waren ruckzuck weg“, sagt Sofka. Wolfgang Koschorreck: „Ich finde es gut, dass es dieses Angebot gibt. Ich kenne genug arme Menschen, die sich einen Friseurbesuch nicht leisten können.“

Artikelbild Marion Herm freut sich über den flotten Kurzhaarschnitt von Barber Angel Janine. 

"Ist schön"

Das sieht auch Marion Herm aus Hostenbach so. Barber Angel Janine föhnt der 62-Jährigen gerade die flott geschnittene Kurzhaarfrisur in Form. „Ist schön“, sagt Marion und lacht. „Sonst schneide ich meine Haare halt immer selbst.“ Da tut die Auffrischung durch einen professionellen Schnitt von Janine richtig gut. Die Friseurin ist extra aus dem Kreis Viersen angereist, um die Barber Angels Saar bei ihrem Einsatz  zu unterstützen.

Zwei Stühle weiter reinigt Björn Hary aus Saarbrücken-Dudweiler einer älteren Frau das Haar unter einer hellen Waschhaube, denn Waschbecken für eine komplette Haarwäsche gibt es nicht. Am Arm trägt er eine schwarze Manschette, in der griffbereit Scheren in verschiedener Größe und Abteilklammern stecken. „Dirty Hary“, wie auf seinem schwarzen Barber-Angels-Outfit zu lesen ist, leitet als sogenannter Zenturio das Team der Ehrenamtlichen im Saarland.

Würde und Selbstvertrauen

Im November 2016 hatte Claus Niedermaier aus Biberach mit befreundeten Kollegen den Club „Barber Angels Brotherhood“ ins Leben gerufen. Seit November 2017 sind die Angels ein eingetragener Verein und haben mittlerweile eine Reihe von Regionalteams gegründet. „Unsere Gäste bekommen von uns nicht nur einen Haarschnitt. Wir möchten ihnen damit auch Würde und Selbstvertrauen zurückgeben“, erklärt Friseurmeister Hary sein ehrenamtliches Engagement.

„Es gibt leider sehr viele Menschen in unserer Gesellschaft, die vergessen werden. Man achtet einfach nicht mehr auf seinen Nachbarn“, bedauert Sylvana Schürt. Deshalb ist sie seit Dezember 2017 bei den Barber Angels. „Mit meinem Handwerk kann ich helfen“, unterstreicht sie. So einfach wird ein Haarschnitt zu einer guten Tat.