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02.06.2017

"Die ganze Klasse war sprachlos"

Abschiebung

Artikelbild Es wird noch dauern: Steinbart-Gymnasium Duisburg. 
Der Fall der 14-jährigen Bivsi, die am Montag von der Ausländerbehörde aus dem Schulunterricht gezogen und umgehend nach Nepal abgeschoben wurde, hat viele Menschen aufgeregt und verstört. Vor allem ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Notfallseelsorger Dr. Gerd Mönkemeier hat sich als erster um sie gekümmert.

War es Zufall, dass Sie als Notfallseelsorger zu diesen Einsatz gerufen worden?

Nein, ich bin am Steinbart-Gymnasium ja auch als Lehrer tätig. Der Schulleiter Ralf Buchthal ist auf mich zugekommen, nachdem das Mädchen abgeholt worden ist.

Welche Situation haben Sie in der Klasse von Bivsi vorgefunden?

Ich habe schon viele Einsätze als Notfallseelsorger gehabt, auch mit Überbringen einer Todesnachricht. Diese Situation war ganz anders, auch für mich. Das Entscheidende war bereits passiert, als ich in die Klasse kam. Und die Geschichte schlägt hohe Wellen. Viele Mitschülerinnen und Mitschüler von Bivsi kennen das Mädchen seit den Tagen aus dem Kindergarten. Fast alle Mädchen haben geweint, auch die Jungen waren geschockt. Die Klasse war einfach sprachlos. Dem Schulleiter hat die Stimme versagt, auch einer der Lehrer hat geweint.

Auf welche Art haben Sie versucht zu trösten und zu helfen?

Indem ich mich um Einzelne kümmere. Es hat stundenlang gedauert. Manche Schüler mussten von ihren Eltern abgeholt werden, weil sie das gar nicht begreifen konnten. Zudem war es an dem Tag ja auch sehr heiß. Alle Fragen der Schülerinnen und Schüler zu beantworten, war gar nicht möglich. Ich habe versucht, die Jugendlichen zu stabilisieren, für sie da zu sein, Ansprechpartner zu sein. Fromme Sprüche waren in dieser Situation fehl am Platze. 

Wie ist es nach den ersten Minuten und Stunden weitergegangen?

Die Schüler sollten erzählen, wie sie das erlebt haben und was sie fühlen. Gemeinsam haben wir versucht, nach vorne zu gucken. Am nächsten Tag haben sie dann eine kleine Demo für Bivsi gemacht und versucht, über das Smartphone Kontakt zu dem Mädchen aufzunehmen. Aber auch nach dem ersten Schock geht nicht viel mehr als zuhören. Für Bivsi selbst ist es natürlich bestimmt noch schwieriger. Vor allem, weil sie die Landessprache in Nepal gar nicht spricht. Sie ist in Deutschland geboren und hat ihr ganzes Leben hier verbracht.

Wie geht es in der Klasse des Steinbart-Gymnasiums jetzt weiter?

Es wird noch dauern, bis die Schüler das verarbeiten. Gemeinsam werden wir versuchen, sie zu stärken und weiter als Zuhörer für sie da zu sein.