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10.11.2018

Jerusalem - Stadt des Friedens

Kirche in WDR3 | 10.11.2018 | 05:00 Uhr

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Kirche in WDR3 | Schulze

Autorin: Guten Morgen.

Frieden. Von althochdeutsch fridu „Schonung“, „Freundschaft“. (1) Ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, die Abwesenheit von Krieg. Frieden – das heißt unterschiedliche Interessen ohne Gewalt auszuhandeln. Kein Ort steht so sehr für die Sehnsucht nach Frieden wie Jerusalem. Das irdische Jerusalem ist seit 3000 Jahren blutig umkämpft, die Bewohner zerstritten, gespalten zwischen den religiösen und ethnischen Gruppen. Jerusalem Ort des Leidens. Und Ort der Hoffnung. Auf das himmlische Jerusalem, den Ort des dauerhaften Friedens, wo Gott alle Tränen abwischen wird.

Wo gibt es in Jerusalem besondere, vielleicht unbekannte Orte, an denen sich die Religionen um den Frieden bemühen. Plätze, an denen das friedliche Zusammenleben eingeübt wird. Das habe ich Laszlo Trankovits gefragt. Er war vier Jahre Auslandskorrespondent der Deutschen Presseagentur in Israel und ist Autor eines Buches über „111 Orte in Jerusalem, die man gesehen haben muss“. Da ist zum Beispiel der Festsaal im Gebäude des Christlichen Vereins Junger Menschen, YMCA.

O-Ton 1: In diesem Konzertsaal wird der Frieden beschworen, indem die Symbole aller Religionen auftauchen. Der Christen, der Muslime, der Juden. (…) In den Fenstern sieht man die zwölf Stämme Israels und die zwölf Anhänger Mohammeds. An den Seitenwänden sind Kreuz, Halbmond und Davidsstern abgebildet. Und in diesem Konzertsaal gibt es viele Veranstaltungen und viele Konzerte und diese sind gewidmet dem Gedanken des friedlichen Zusammenlebens.

Autorin: Ein anderer Ort ist das „Museum on the Seam“, das Museum an der Nahtstelle.

Bis 1967 war es ein Grenzposten des damals noch getrennten jordanischen Ost-Jerusalem und dem israelischen West-Jerusalem. Heute gibt es in dem Museum das Bemühen, ….

0-Ton 2: …israelische und arabische Künstler zusammenzubringen. Es gibt hier auch Veranstaltungen. Es ist der Versuch, über die Kunst friedliches Zusammenleben zu praktizieren.

Autorin: Es ist kein Zufall, dass an beiden Orten die Kunst die Brücke zwischen den Kulturen, Ethnien und Religionen schlägt.

O-Ton 3: Das ist noch die Brücke, die man leichtesten zueinander findet, die Brücke der Musik und die Brücke der Kunst.

Autorin: Interkulturelle, interreligiöse Orte des Friedens gibt es wenige in Jerusalem meint Laszlo Trankovits.

O-Ton 4: Aber natürlich wird überall für den Frieden gebetet. In den Synagogen in den Kirchen, in den Moscheen.

Autorin: Es gibt von den Religionen umstrittene Orte wie das „Grab Rachels“, das für Juden, Christen und Muslime Bedeutung hat. Rachel oder Rahel war die Lieblingsfrau des Stammvaters Jakob, den Christen aus dem ersten Testament kennen.

O-Ton 5: Für die Juden ist das eine der Heiligsten Stätten. Aber, obwohl Rachels Grab sich im Alten Testament schon findet, als eine der heiligsten Stätten der Juden, (…) beanspruchen heute auch die Muslime diesen Ort.

Autorin: Oft ist es auch schwierig unter den verschiedenen Vertretern einer Religion. Wo sieht man das besser als an der Grabeskirche in Jerusalem, wo vier christliche Kirchen die Verantwortung tragen. Seit Jahrhunderten sind sie zerstritten über alle möglichen Fragen…

O-Ton 6: …wer wann Gottesdienste halten kann, wer wann welche Räume benutzen kann, ja sogar wer die Kerzenrückstände beseitigt, über alles wird gestritten. Ein Symbol dieser Streitigkeiten ist eine Hühnerleiter, die für die armenischen Mönche bestimmt ist, die darüber sich verpflegt haben, wenn es den muslimischen Familien, die da die Kontrolle haben, zu bunt wurde mit den Streitigkeiten und die einfach die Grabeskirche abgeschlossen haben.

Autorin: Die Hühnerleiter ist seit 300 Jahren da. Die Armenier achten darauf, dass sie sie weiter besitzen. Wenn sie verrottet wird sie wieder ersetzt.

So einfach ist es mit dem Frieden nicht. Es braucht noch viele Gebete und vor allem Einsicht – dass es nur zusammen geht. Dass Hühnerleitern und Panzer irgendwann der Liebe und Gewaltlosigkeit weichen.

Es verabschiedet sich, Rundfunkpfarrerin Petra Schulze aus Düsseldorf.

Literatur:

Laszlo Trankovits: 111 Orte in Jerusalem, die man gesehen haben muss, Köln: emons-Verlag 2018.

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/44394_WDR3und520181110Schulzeweb.mp3