15.05.2019

"Ein wenig Liebe" rund um die Dorfkirche

Bildunterzeile
Über „Ein wenig Liebe“ stolpern Flaneure rund um die Dorfkirche in Mülheim-Saarn bis in den September hinein. Denn ab sofort heißt es wieder „Kunst Raus“ und elf Künstler präsentieren ihre großformatigen Werke rund um die Liebe im öffentlichen Raum. 

Der Themenvorschlag, eingebracht von einem der Künstler, sorgte zunächst für produktive Reibung im Veranstalterteam. „Was soll das sein, ein wenig Liebe?“, fragte auch Anne Maria Peters, die sich nach einiger Zeit wieder mit einem eigenen Beitrag an der Saarner Ausstellung beteiligt. „Für mich gibt es keine ,schönen Grüße‘, keinen ,dicken Küsse‘. Für mich gibt’s Liebe nur ganz oder gar nicht“, findet die Mülheimer Künstlerin. Auch Pfarrer Pfeiffer, der das von der Kirchengemeinde Broich-Saarn mitinitiierte Kunstprojekt betreut, gesteht, dass seine Sympathie für das diesjährige Ausstellungsmotto durchaus erst wachsen musste. „Aber die Künstler sahen es als Aufgabe der Kirche an, den Wert der Liebe hochzuhalten.“ Und dem konnte Pfarrer Pfeiffer sich nicht entziehen: „Gerade in der post-modernen und kapitalistischen Welt ist die Liebe doch oft das, was fehlt oder der Welt verloren geht.“

Mit der Liebe in modernen Zeiten setzen sich auch einige der beteiligten Kreativen auseinander. Karin Dörre malt ihre Liebesgöttin in Tusche und Öl als Individualität erlaubenden Gegenpol zur Liebe im Zeitalter von Datingapps und Virtual Reality. Bei Helmut Koch ist die Technik, sein Acrylbild sieht aus wie ein Mosaik, (scheinbar) klassisch, das Motiv aber ganz modern: „Selfienismus“ heißt sein in Rot- und Grautönen gehaltenes Bild eines modernen Menschen, der sich selber das Handy wie einen Spiegel vorhält. Der Titel des Bildes, so erklärt er, ist ein durchaus kritisch gemeintes Kunstwort, gebildet aus „Selfie“ und „Narzissmus“.

Künstlerisch etwas abstrakter setzen sich Peter Helmke und Imre Videk mit dem Thema auseinander. Ihre Bilder stehen direkt nebeneinander an einem kleinen Fußweg, der Holunderstraße und Otto-Pankok-Straße miteinander verbindet. Ein Foto mit klaren Linien, zwei abbruchreife Silos mit einem schmalen Lichtstreifen dazwischen, steuert Helmke zur Saarner Ausstellung bei. „Lebenslang (…) nah aneinander gereiht. (…) Wie ein Liebespaar! Ein Lichtspalt als Verbindung. Dieser Zwischenraum schwindet, wie wird diese Lücke in Zukunft aussehen?“, fragt Künstler Helmke im Begleittext im Ausstellungskatalog. Abstrakter und mit typografischen Mitteln nähert sich Imre Videk dem Liebesthema. Sein Bild steht Seite an Seite mit der Arbeit von Helmke. Videk spielt mit den Buchstaben des Ausstellungstitels, ordnet sie gemeinsam mit geometrischen Formen vierfach neu an. „Da kommen dann ganz interessante Sachen, Absurditäten und in ganz andere Richtungen weisende Assoziationen heraus“, sagt der Künstler.  

Konkreter wird die Darstellung bei anderen Werken, wie denen von Uwe Bleil oder Natalija Usakova. Kunst Raus wäre kaum Kunst Raus ohne einen Beitrag von Uwe-Peter Bleil. In diesem Jahr hat er nicht nur bei der Ideen- und Themenfindung unter den Künstlern koordinierend gewirkt, sondern nimmt mit seiner großflächigen Kohlezeichnung auf rotem Grund die käufliche Liebe in den Blick. Ganz in blau dagegen, direkt vor dem weißen Turm der Dorfkirche, zeigt das Bild von Natalija Usakova einen Pianisten, der mit seinem Instrument einsam auf einer Eisscholle vor der Küste von Spitzbergen treibt – ein künstlerischer Aufruf zu mehr Liebe gegenüber dem fragilen Planeten Erde. Vorbild war ein Video, das der italienische Pianist Einaudi gemeinsam mit Greenpeace produziert hat.

 

Geführte Rundgänge

Wer diese und alle weiteren Bilder der diesjährigen Ausstellung auf sich wirken lassen möchte, hat dazu noch bis zur Finissage im Rahmen eines Gottesdienstes am 8. September Zeit. Geführte Rundgänge, moderiert von Dr. Gerhard Ribbrock, früherer Museumspädagoge im Museum „Alte Post“, gibt es bei der Vernissage am Samstag, 18. Mai, 14 Uhr, am Sontag, 15. Juni, 14 Uhr, am Donnerstag, 18. Juli, 19 Uhr, und am Samstag, 31. August, 14 Uhr. Beginn ist jeweils am Gemeindehaus Dorfkirche, Holunderstraße 5. Kataloge zur Ausstellung, produziert durch die Galerie Greens, die auch die gesamte Ausstellung unterstützt, sind für eine Schutzgebühr von einem Euro erhältlich.

 

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