Ein gutes Kapitel Barth-Theologie

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Eine höchste anregende Reihe im Karl-Barth-Jahr läuft derzeit in der Trinitatiskirche in Endenich. Jüngst war der Barth-Kenner, der Siegener Professor Georg Plasger zu Gast. K. Rüdiger Durth berichtet:  

Die Endenicher Trinitatiskirche unter Pfarrer Uwe Grieser beteiligt sich in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Forum Bonn mit einer Veranstaltungsreihe an dem Karl-Barth-Jahr 2019. Professor Georg Plasger aus Siegen eröffnete unter der Moderation von Pfarrer Uwe Grieser die geplanten Vorträge. Am 13. Juni spricht ebenfalls um 20 Uhr im Gemeindezentrum Brahmsstraße 14 der emeritierte Bochumer Professor Michael Weinrich über „Karl Barth und die Ökumene“.

Würde Barth die evangelische Kirche heute gefallen?

„Ich bin mir nicht so sicher, ob Karl Barth heute der evangelischen Kirche gefallen würde.“ Georg Plasger, seit 2005 Professor für Systematische und Ökumenische Theologie“ an der Universität Siegen, zählt zu den bedeutendsten reformierten Theologen der Gegenwart und damit auch zu den Kennern des vor 50 Jahren verstorbenen Karl Barth, der von 1930 – 1935  an der Bonner Universität lehrte. Deshalb ist es verständlich, dass das vom Reformierten Bund ausgerufene Karl-Barth-Jahr 2019 unter dem Thema „Gott trifft Mensch“ besonders großes Interesse in Bonn findet – unterstützt vom Evangelischen Forum des Kirchenkreises Bonn.  Plasgers Bonner Thema lautete: „Die Welt lieb haben und Gott ganz treu sein.“ Was auf den ersten Blick ein wenig weltfremd klingt, erwies sich als ein Stück spannender aktueller Theologie.

Auf die Frage, was Karl Barth wohl auf dem Dortmunder Kirchentag 2019 sagen würde, würde er noch leben, antwortet Plasger vorsichtig: „Ich bin mir nicht so sicher, ob Karl Barth der evangelischen Kirche gefallen würde.“ Und was ist mit der katholischen Kirche? Nicht weniger vorsichtig formuliert der Siegener Theologieprofessor: „Gegenwärtig bricht in der katholischen Kirche sehr viel auf. Man darf gespannt sein, was daraus wird.“ Auf jeden Fall würde Barth heute über die Demokratie sagen, dass diese die Aufgabe habe, „die Schwachen zu schützen. Nicht nur Barth, sondern auch er, Plasger, würde sich von seiner Kirche „öfters mutigere Worte“, „mehr zugespitzte Worte“ wünschen. Plasger: „Wir dürfen als Kirche auch nicht zu anspruchslos werden.“

„Die Welt lieb haben und Gott ganz treu sein.“

Doch zurück zum Bonner Vortragsthema über Karl Barths Gottesverständnis: „Die Welt lieb haben und Gott ganz treu sein.“ Dass die Gottesfrage heute so aktuell ist wie lange nicht mehr sollte eigentlich dem Karl-Barth-Jahr des Reformierten Bundes (zusammen mit der EKD) größte Aufmerksamkeit bescheren. Aber immer weniger Menschen machen sich noch die Mühe, die rund 10.000 Seiten der (unvollendeten) „Kirchlichen Dogmatik“ (KD) Karl Barths sowie seine zahlreichen weiteren Schriften und Aufsätze, abgesehen von seiner nach wie vor revolutionären Auslegung des Römerbriefes (die auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken kann) zu studieren. Leider ist die Zahl der reformierten Lehrstühle in den Evangelisch-Theologischen Fakultäten auf ein paar wenige zusammengeschrumpft. Großes Interesse findet Barth heute vor allem in den USA, in Teilen Afrikas, in Japan, Korea.

Immer wieder stellt Plasger heraus, dass Gott nach Barth nicht vereinnahmt werden darf. Denn Gott ist anders und „nicht so, wie wir ihn gern hätten“. Zumal Gott nicht mit den Mitteln der Welt nicht zu fassen ist. Wie ist denn Gott? Er ist nach Barth, so Plasger, „so, wie er sich selber zu erkennen gegeben hat.“ Also nicht in der Natur, sondern in Jesus Christus.  Deshalb lehnt Plasger auch Sätze von Papst Benedikt XVI. 2011 im Deutschen Bundestag ab: „Ist es wirklich sinnlos zu bedenken, ob die objektive Vernunft, die sich in der Natur zeigt, nicht eine schöpferische Vernunft, einen Creator Spiritus voraussetzt?“ 

Jesus Christus ist für Karl Barth, der als der bedeutendste Theologe des 20. Jahrhunderts gilt und von vielen Menschen als „Kirchenvater“ verehrt wird, das „einzige Wort Gottes“, wie es in der Heiligen Schrift bezeugt wird. Und dieses einzige Wort Gottes haben wir so zu hören, dass wir ihm im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Barth: „Wir verwerfen die falsche Lehre als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“

Für Plasger gilt also: „Wenn Barth von Gott redet, redet er von Jesus Christus. Und wenn Barth von Jesus Christus redet, redet er von Gott.“ Für Barth ist Gott frei und wird nicht von außen bestimmt. Wozu ist Gott frei? Dabei überträgt Barth nicht den Freiheitsbegriff in unserem Sinn auf. Gott, sondern er fragt nach dem für Gott spezifischen Sinn von Freiheit.  Plasger fasst u.a. zusammen: „Gott ist frei dazu, sich in die Welt hineinzubegeben, sich mit ihr zu verbünden. Gott ist frei dazu, sich in die Welt der Schöpfung hineinzubegeben. Gott ist frei dazu, dem Menschen näher zu sein, als der sich selber nahe ist.“ Jesus Christus ist nach Barth „das Ereignis der göttlichen Freiheit schlechthin, hier zeigt sich, dass Gott der in Freiheit Liebende ist.“

Barths Staunen über Gott

Weil Gott den Menschen anredet, so Barth nach Plasger, muss Theologie, darum muss auch die Kirche immer dialogisch auftreten, Weil Gott dem Menschen in Jesus Christus Frieden geschenkt hat, darum ist Kirche und Theologie immer friedensorientiert. Plasger weiter: Weil Gott in Jesus Christus verständlich redet, darum soll auch die Kirche verständlich reden- Weil Gott in Jesus Christus Ja zum Menschen sagt, wird nach Barths Schrift „Die Menschlichkeit Gottes“ „der Sinn und Ton unseres Wortes grundsätzlich ein positiver sein müssen“.  Und weil Gott in Jesus Christus die Kirche zu seinem Leib gemacht hat, sollen wir auch die Kirche lieb haben.

Plasger fasst Barths Staunen über Gott so zusammen: Barths Gotteslehre ist eigentlich ein Gotteslob. Barth staunt darüber, dass Gott sich selber an die Stelle des verlorenen Menschen begibt für ihn in den Tod geht und ihm Zukunft schenkt. Barths Gotteslehre ist in allen ihren Teilen ein Zeugnis. Ein Bekenntnis, Es ist gegründet im Zeugnis der Heiligen Schrift. Die wiederum auf Jesus Christus als ihre Mitte blickt.

Fortsetzung der Reihe:

Hier weitere Infos zur ganzen Reihe in der Trinitatiskirche (Brahmsstraße in Bonn-Endenich).

Nächster Termin: Donnerstag, 6. Juni, 20.00 Uhr
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hema: Barth lesen. Zentrale Texte seines Denkens mit Pfr. Uwe Grieser

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