19.05.2019

Lebenshilfe im Sterben

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Unter dem Motto „Glaubemnssache“ erzählt der Bonner Klinikseelsorger Pfarrer Andreas Bieneck über seine Erfahrungen, nach was sterbende Menschen suchen und fragen. Hören Sie rein: im Magazin „Himmel und Erde“ auf Radio Bonn/Rhein-Sieg.

Anmoderation: Statistisch gesehen sterben in Deutschland jeden Tag gut 2 ½ Tausend Menschen. Das sind über 100 pro Stunde. Trotzdem wird über Tod und Sterben kaum gesprochen. Das ändert sich eigentlich immer erst, wenn es wirklich auf das Ende zugeht und auf einmal ganz viele Ängste und Fragen im Raum stehen. Wie kann man sterbenden Menschen dann helfen? Geht das überhaupt?

Artikelbild Pfarrer Andreas Bieneck, Seelsorger am Universitätsklinkum Bonn: "Ganz wichtig ist das Gefühl: Hier sind Menschen, die dich begleiten." (Foto: privat)

Andreas Bieneck: Es gibt sehr viele Angebote mittlerweile, vor allem die Spiritual Care-Ausbildung, die gerade Pflegepersonal und Ärzte im Palliativbereich absolvieren ...

Joachim Gerhardt: sagt Andreas Bieneck, Pfarrer an der Bonner Uniklinik. Er findet: das ist eine gute und wichtige Entwicklung. Denn Menschen, die im Sterben liegen, brauchen nicht nur eine gute medizinische Versorgung und Schmerzlinderung. Sie brauchen auch andere Menschen, die einfach für sie da sind.

Bieneck: Ich habe eine Situation erlebt auf einer Tumorstation der Uniklinik, wo auch viele Schwerstkranke und Sterbende lagen, dass da eine Psychologin durch die Zimmer gegangen ist und Übungen mit den Patientinnen und Patienten gemacht hat, und im Rahmen dieser Entspannungsübungen immer wieder gesagt hat: Lassen Sie sich doch fallen! Lassen Sie los!

Gerhardt: Ein paar Stunden später kam dann der Krankenhaus-Seelsorger auf die Station und wurde prompt mit Fragen überschüttet, erzählt Andreas Bieneck: 

Bieneck: Ja, kann ich den loslassen? Was erwartet mich denn dann? Gibt es jemand oder etwas, was mich hält? – Und an diesem Beispiel ist mir so eindrücklich geworden, dass bei allen guten Entwicklungen, die es gibt in der Medizin in Richtung Ganzheitlichkeit und Spiritualität, dass es doch letzte Fragen gibt und letzte Antworten, die letztlich doch nur vom christlichen Glauben und damit auch von der Seelsorge beantwortet werden können.

Gerhardt: Als Klinikpfarrer spricht Bieneck oft mit Menschen, die nicht glauben und denen Kirche fern ist. Das muss er natürlich respektieren. Aber mittlerweile sagt er auch:

Bieneck: In vielen Jahren, in denen ich als Seelsorger in der Klinik bin (…) habe ich die Erfahrung gemacht, dass in aller Regel der Glaube für sterbende Menschen ein ganz wichtiger, ja ich würde sogar sagen, der entscheidende Halt ist.

Gerhardt: In gewisser Weise sterben fromme Menschen also tatsächlich leichter. Vorausgesetzt sie sind mit Gott und ihrem Glauben im Reinen ist. Im Kern – so Andreas Bieneck - geht es um Vertrauen:

Bieneck: Es gibt Menschen, die Angst haben, die einen auch fragen: Wie wird es jetzt sein? Ich bin ja noch nie gestorben. Da kann man nur versuchen in den Gesprächen ihnen Zuversicht zu vermitteln. Ganz wichtig ist das Gefühl: Hier sind Menschen, die dich begleiten. Gerade die Geste des Segens mit dem Auflegen der Hände (…), gibt ihnen das Bewusstsein, ich bin umfangen von Gottes Liebe.

Joachim Gerhardt für Himmel und Erde

Nachhören

Beitrag zu hören am 27. Januar 2019, in der Sendung Himmel & Erde, dem Magazin der Kirchen immer sonntags und feiertags von 8.00 bis 9.00 Uhr auf Radio NRW / Redaktion: Manfred Rütten, Hier können Sie den Beitrag anhören.

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