30.12.2019

Ein Licht anzünden

Wie schön ist es, eine Kerze anzuzünden. Gründe gibt es viele. Von dem Wunsch nach einer heimeligen Stimmung bis zum Dank für etwas Besonderes oder der Bitte für einen Mitmenschen. Es geht öffentlich in einer Kirche ...
Artikelbild Es ist Advent: Jede Kerze, die leuchtet, ist auch ein Gebet (Foto: J. Gerhardt)

... genauso wie zu Hause. Alle diese Gedanken spielten eine Rolle als der  Theologe und Erzieher Johann Henrich Wichern vor 180 Jahren in Hamburg den Adventskranz erfand. Sein erster Kranz war ein Wagenrad mit damals sogar 24 Kerzen, für jeden Tag eine, um Straßenkindern des beginnenden Industriezeitalters die Zeit bis Heiligabend nahe zu bringen.

 

Kerzen tauchen unsere Welt in ein anderes Licht. Das war die Botschaft Wicherns: Der Advent weiß um das Finstere in jedem Leben und verbindet es mit der Hoffnung. Anders als neongrelle Beleuchtungen lassen Kerzen ihre Umwelt im Dunkeln, fokussieren sich auf den Bereich, der ihnen nahe ist. Kerzen haben etwas Seelsorgerliches. Das Licht stellt keinen bloß.

 

Kerzenlicht kann schmeicheln. Es ist ein mildes Licht, ein warmes. Wicherns Wochentags-Kerzen waren rot. Nur die sonntäglichen festlich weiß. Rote Kerzen sind besonders warm. Für Wichern lässt der flackernde Kerzenschein etwas spüren vom Geheimnis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und der Liebe Gottes. Das Licht der Kerze entsteht, indem der Wachs verbrennt, so verzerrt sich auch die Liebe Gottes für die Menschen.

 

Kerzen laden ein zur Meditation. Nicht nur im Christentum, auch im Judentum und anderen Religionen. Jede brennende Kerze kann so etwas sein wie ein Gebet: ein Dankgebet, eine Fürbitte für einen Kranken, für einen Menschen in einer Prüfung, für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

 

Ich möchte mir jetzt im Advent die Zeit nehmen, immer wenn ich eine Kerze auf dem Adventskranz anzünde, eine solche Bitte in den Himmel zu schicken. Damit es heller und wärmer wird in mir und ich glaube auch bei dem Menschen, an den ich dann denke.

Joachim Gerhardt

Artikelbild Kölnische/Bonner Rundschau

Rundschauweit ein geistlicher Impuls

Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das "Wort zum Sonntag" in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de

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