09.09.2018

70 Jahre ÖRK in Bonn gewürdigt: „Geht und widersteht“

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Zum 70-jährigen Bestehen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) lud die Evangelische Kirche im Rheinland zu einem Jubiläumswochenende am 8. und 9. September 2018 in die Lukaskirche nach Bonn ein. Hier ein Bericht von K. Rüdiger Durth:

Bonn.  „Geht und widersteht“. Unter diesem Motto veranstaltete die Evangelische Kirche im Rheinland am 8. und 9.  September 2018 in Bonn ihre zentrale Feier zum 70-jährigen Bestehen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) mit einem Workshop und einem Gottesdienst in der Lukaskirche – unterstützt von der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM), der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und anderen kirchlichen Einrichtungen. Verbunden war diese Jubiläumsfeier mit der Verabschiedung der Teilnehmer des 3. Ökumenischen Pilgerweges für Klimagerechtigkeit mit wechselnden Teilnehmern von der deutschen UN-Stadt Bonn über das rheinische Braunkohlegebiet, Düsseldorf, Wuppertal nach Berlin und schließlich dem polnischen Katowice, wo Anfang Dezember der  nächste Weltklimagipfel stattfindet.

Für eine starke ökumenische Gemeinschaft

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, ließ es sich zusammen mit der für Ökumene zuständigen Oberkirchenrätin Barbara Rudolph und Vertretern der ACK nicht nehmen, die Teilnehmer des Pilgerweges in einem festlichen Gottesdienst zu verabschieden – in dem fünf junge Menschen die Predigt hielten und ihren Hoffnungen auf  einen starken ÖRK Ausdruck gaben. Gleichzeitig ließ man die bisherigen ÖRK-Vollversammlungen seit 1948 in Amsterdam kurz Revue passieren – immer wieder unterstützt durch ökumenische Chöre mit Liedern aus der weltweiten Christenheit. Ein Gottesdienst, der die geistliche und spirituelle Buntheit der weltweiten Christenheit aufblitzen ließ.

Präses Rekowski zum Thema Braunkohleaustieg und der Hambacher Forst

Präses Rekowski ließ keinen Zweifel aufkommen: „Es muss doch gehen, der Ausstieg aus dem Verheizen fossiler Brennstoffe. Der Ausstieg muss doch gehen, denn unser Klima ist massiv bedroht.“ Und er warnte vor der Rodung des Hambacher Forstes durch RWE, der auf dem Gebiet der rheinischen Kirche liegt und  in den zurückliegenden Tagen für Schlagzeilen durch den Polizeieinsatz gegen Demonstranten gegen die bevorstehende Rodung zum weiteren Abbau von Braunkohle.

Auch der dem Gottesdienst vorangegangene Workshop stand unter dem Thema „Geht und widersteht.“ Hauptredner war der frühere Generalsekretär des ÖRK in Genf, Professor Konrad Raiser, der das ökumenische Engagement der rheinischen Kirche würdigte. Für ihn ist der ÖRK eine „lebendige und nicht abgeschlossene Bewegung“, der in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Transformationen durchgemacht habe, in denen sich die jeweils aktuelle Situation der Welt und ihrer Christen widerspiegele. Immer habe der ÖRK in der Spannung zwischen Einheitskirche und Bewegung von Basisgruppen gestanden.  Dabei gehe es nicht allein um Veränderung der Gesellschaft, sondern auch um die innere Verwandlung.

Seit der ÖRK -Vollversammlung  im koreanischen  Busan 2013 erweise sich zunehmend die transformatorische Kraft der Spiritualität, die den Christen neue missionarische Kraft in der globalisierten Welt gebe. Im Gespräch mit dem Ökumenischen Informationsdienst zeigte sich Konrad Raiser sehr erfreut, dass die nächste ÖRK-Vollversammlung 2021 erstmals in Deutschland stattfinde und würdigte nicht zuletzt das entsprechende Engagement der badischen Landeskirche. Zugleich gab er der Hoffnung Ausdruck, dass die Badener tatkräftig von der EKD unterstützt würden – und nicht nur mit den zugesagten 800.000 € für die Kosten der Vollversammlung.

Bedeutung der ökumenischen Bewegung heute?

Warum spielt der ÖRK und die damit verbundene weltweite christliche Bewegung in den 20 Landeskirchen und deren Gemeinen keine sonderlich große Bedeutung? Für Konrad Raiser gibt es einen, wenn auch nicht einzigen Grund: „In Deutschland ist das Thema Ökumene vom evangelisch-katholischen Dialog beherrscht. Da hat es die Bewegung des ÖRK schwer.“

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops, die mit ihrer Person ein Stück ÖRK geschrieben haben, berichteten über ihre frühere Arbeit, ihre Auseinandersetzungen und ihre Erfolge. Etwa Bärbel Wartenberg-Posser, die frühere Bischöfin von Lübeck und Frau des aus Jamaika stammenden ÖRK-Generalsekretärs Philipp Potter.  Ihr Einsatz für die weltweiten Frauenrechte ist noch längst nicht zu Ende.  Sie würdigte den Einsatz von Papst Franziskus („Laudato si“) und des ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. für die Ökologie. Professor Fernando Enns von der Universität Hamburg und einer der profiliertesten Friedensforscher der Mennonitischen Kirchen erinnerte an den zähen Kampf für den „gerechten Frieden“. Schmunzelnd berichtete er, dass er oft gewarnt worden sei, nicht „seine Kraft für den ÖRK“ zu verschwenden. Aber er hat seinen Einsatz bis heute nicht bereut.

Für Gleichberechtigung und gegen Apartheid

Und Elisabeth Raiser, die frühere Kirchentagspräsidentin, erinnerte sich ebenfalls an den ökumenischen Kampf für eine feministische Theologie und mehr Frauenrechte. Man hatte nichts dagegen, so berichtete sie, dass wir Frauen unseren Männern den Rücken stärkten. Das sei zwar eine schöne Aufgabe, „aber nicht die, die wir Frauen wollten.“  Immer wieder wurde in dem Workshop deutlich: „Wir werden verschieden sein, eine Gemeinschaft der Verschiedenen.“ Selbstverständlich kam auch die Erinnerung an den Kampf des ÖRK gegen  die Apartheid nicht zu kurz, wobei immer wieder unterstrichen wurde, dass der Kampf gegen den Rassismus noch lange nicht zu Ende sei und seitens der weltweiten Christen weiter intensiv geführt werden müsse.

Präses Manfred Rekowski, der sich  auch mit Nachdruck  wieder für ein „menschenwürdiges Leben der Migranten in Europa“ einsetzte:  „Erheben Sie das Glas auf ein starkes Stück Kirchengeschichte, auf 70 Jahre ÖRK.“

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