16.07.2018

„Niemand soll ertrinken müssen“

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Bei seinem Besuch zum Thema zivile Seenotrettung auf der Mittelmeer-Insel Malta hat Präses Manfred Rekowski Vorwürfe gegenüber Seenotrettern scharf kritisiert. „Diese Helferinnen und Helfer retten Menschenleben, die in Seenot sind", sagte Rekowski nach einem Treffen mit Crew-Mitgliedern des Seenotretters "Sea-Watch 3".

Weiter erklärte der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): "Der Vorwurf, sie arbeiteten den Schleppern in die Hände, kriminalisiert sie und ihren wertvollen Dienst.“ Die EKD ist an der Finanzierung der Organisation Sea Watch beteiligt. Der Vorwurf der Beihilfe zur Schlepperei sei auch deshalb absurd, weil geltendes internationales Seerecht eingehalten werde und alle Einsätze von der zuständigen staatlichen Rettungsleitstelle koordiniert seien.

Rekowski: "Die Pflicht zur Seenotrettung ist eine unbedingte Verpflichtung, unabhängig davon, ob die Notlage von den zu rettenden Personen selbst herbeigeführt wurde oder sie ohne ihr Zutun hineingeraten sind."

Unterlassene Hilfeleistung quasi angeordnet

In einem Facebook-live-Video am Abend berichtete der Präses von den Geschichten der Flüchtlinge, die von Folter, Krankheit, Angst und auseinandergerissenen Familien handelten. Als Skandal bezeichnete er, dass nun die Rettungsschiffe festliegen: Hier werde "unterlassene Hilfeleistung gewissermaßen angeordnet".

Bis vor Kurzem seien die zivilen Seenotrettungsorganisationen noch für ihren humanitären Einsatz öffentlich gewürdigt worden. Dass das Wertegefüge in der EU nun derart ins Wanken gekommen ist, beschäftige die Helferinnen und Helfer, die ehrenamtlich auf Schiffen wie der Sea Watch arbeiten.

Falsche Flüchtlingspolitik

„Die Seenotretterinnen und Retter sind nicht die Ursache der Flucht über das Mittelmeer, sondern die Reaktion auf eine Entwicklung, die auch Ergebnis einer falschen Flüchtlingspolitik ist“, sagte der Präses bei seinem Besuch auf der Sea Watch. Auch wenn sich die politische Stimmung gewandelt habe, halte die EKD den Einsatz für Menschenleben weiterhin und unverändert für geboten. „Niemand soll ertrinken müssen“, so Rekowski.

Mittlerweile verliert nach Angaben der Organisation Sea Watch jeder Siebte, der die Überfahrt nach Europa wagt, sein Leben – weit mehr als in den Vorjahren. Im Juni 2018, seit keine Seenotschiffe mehr von Malta auslaufen dürfen, sind 629 Flüchtlinge nachgewiesen ertrunken, so viele wie in den Vormonaten im Jahr 2018 insgesamt (663). Im Juli 2018 ertranken bereits mindestens 233. 2018 starben also bereits mehr als 1.400 Menschen. Die Dunkelziffer liegt weit höher.

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