07.09.2019

Gute Mission

Wer auf der malerischen Route durch das Herz Australiens von Alice Springs zum Uluru (bei uns noch besser bekannt als Ayers Rock) abbiegt, wird überrascht:
Artikelbild Deutsche Spuren im Wüstensand, die nachdenklich machen: die alte lutherische Kirche in Hermannsburg in Zentralaustralien (Foto: J. Gerhardt)

Hermannsburg, deutsche Spuren mitten im kargen Wüstensand. Eine kleine Siedlung, die lutherische Missionare aus der Lüneburger Heide vor fast 150 Jahren gegründet haben.

 

Heute noch singt ein Chor von Aborigines sonntags im Gottesdienst deutsche Choräle in Aranda. Diese  Ursprache Australiens hatten die Missionare mühsam gelernt und sogar ein Wörter- und Grammatiklexikon herausgegeben und damit Sprache und Kultur bis heute bewahrt. Gegen schießwütige weiße Farmer verteidigten die frommen Deutschen die Aborigines und widersetzten sich vehement der noch bis Ende der 60er-Jahre üblichen Zwangsentfernung von „Mischlingskindern“ aus Aborigines-Familien, um diese in den fernen Städten nach westlich Maßstäben aufzuziehen.

 

Der europäische Kolonialismus hat viel Elend in die Welt gebracht. Dieser Ort erzählt davon, dass Mission und Kulturexport aus Deutschland auch gute Geschichten schreiben können. Und er steht für eine Haltung, von der wir lernen können: Mission  bedeutet nicht Glaubenssätze in die Welt zu posaunen und selbstgerecht durchzusetzen. Sie gelingt, wenn Menschen sich auf andere Menschen, und sei deren Kultur noch so fremd, wirklich einlassen, zuhören sie wertschätzen, sich für sie einsetzen.

 

Der Uluru, das Wahrzeichen Australiens, soll Ende Oktober für die Besteigung endgültig geschlossen werden. Aus Respekt vor den Aborigines und ihrem heiligen Berg. Es ist der Versuch des modernen Australiens, seinen Ureinwohnern spät noch ein Stück Anerkennung zukommen zu lassen. Enttäuschten Touristen sei gesagt: Der Berg ist von unten betrachtet viel schöner als von oben. Und wer eine tiefere Ahnung von Land und Kultur bekommen möchte, sollte den Abzweig nach Hermannsburg nicht verpassen.

Joachim Gerhardt

Artikelbild Kölnische/Bonner Rundschau

Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das "Wort zum Sonntag" in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de

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