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05.07.2019

Noch mal was Sinnvolles tun

Freiwilligendienst für Ältere

Artikelbild 18 Monate lang hat Heiner Dütz Patientinnen und Patienten im Florence-Nightingale-Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie transportiert und begleitet. 
Für neue Erfahrungen ist es nie zu spät: Nicht nur junge Menschen leisten nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr. Im Bundesfreiwilligendienst (BFD) kommen auch ältere Semester zum Zug. Und immer mehr Seniorinnen und Senioren nutzen die Chance. Wie Heiner Dütz: Der 62-Jährige Düsseldorfer war „Bufdi“ im Krankenhaus.

18 Monate lang hat Heiner Dütz Patientinnen und Patienten im Florence-Nightingale-Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie von ihren Krankenzimmern zu Untersuchungen und in den OP transportiert, hat sie durchs Haus begleitet oder aus der Notaufnahme auf die Station gefahren, im Bett oder im Rollstuhl.

Der 62-jährige gelernte Elektromeister absolvierte einen Bundesfreiwilligendienst im Transportdienst der Düsseldorfer Klinik. Seinen Arbeitsplatz in seinem Beruf hatte er bereits 1994 gekündigt, war dann mit seiner Frau durch die Welt gereist und hatte anschließend seine zwei Kinder großgezogen. „Ich wollte wieder mal ein geregeltes Arbeitsleben haben, eine feste Aufgabe“, begründet er seinen Schritt aus der Familienarbeit in den Freiwilligendienst.

Der Bereich der älteren Bufdis wird wachsen

Der Wiedereinstieg in eine strukturierte Tätigkeit ist eines der Motive, die Menschen über 55 in den Freiwilligendienst führt. Auch der Zuverdienst von 402 Euro Taschengeld im Monat (bei Vollzeit) und die Sozialversicherung sowie die Überbrückung der Zeit bis zur Rente sind Argumente, die den BFD für Ältere (BFD Ü27) attraktiv machen, berichtet Matthias Schmitten vom Zentrum Freiwilligendienste des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL).

Mit rund 2000 Freiwilligen und über 4000 Einsatzplätzen ist die Diakonie RWL der größte evangelische Träger von Freiwilligendiensten in Deutschland. 120 Freiwillige (sechs Prozent), die dort derzeit einen Dienst leisten, sind über 27. „Wir gehen davon aus, dass dieser Bereich weiter wachsen wird. Denn viele Ältere wissen gar nicht, dass ein Freiwilligendienst sogar noch im Ruhestand möglich ist, auch in Teilzeit“, sagt Schmitten. In Zukunft könnte jeder zehnte Freiwillige bei der Diakonie RWL über 27 sein, prognostiziert er.

Bei den Einsatzstellen sind die älteren „Bufdis“ gern gesehen. „Sie bringen besondere Kompetenzen und Lebenserfahrung ein“, unterstreicht Schmitten. In manchen Arbeitsfeldern habe das besondere Vorteile, zum Beispiel als Vorbilder im Umgang mit Klienten oder als gestandene Unterstützer für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung.

Aufträge im 15-Minuten-Takt

Heiner Dütz hatte sich für den Teilzeitdienst entschieden. Drei Tage die Woche arbeitete er jeweils acht Stunden in der Klinik. „Die Aufträge kamen übers Handy im 15-Minuten-Takt. Das war schon sehr anstrengend. Wir liefen so 12 bis 15 Kilometer am Tag durch die Klinikflure“, erzählt er. Die Kranken seien häufig nervös oder hätten Angst, was auf sie zukomme. „Aber ich habe Humor und viele Witze auf Lager“, sagt Dütz. So habe er Betroffene etwas entspannen und aufheitern können. Auch belastende Momente gab es im Dienst, wenn Patienten verstarben, die er gerade noch durchs Haus begleitet hatte.

Sein Dienst sei „eine schöne Zeit“ gewesen, die er als Bereicherung erlebt habe, zieht Dütz Bilanz. Gewünscht hätte er sich neben dem Taschengeld noch die eine oder andere kleine Anerkennung. „Ein kostenloses Mittagessen wäre schön gewesen. Und ab und zu mal einen Kaffee gratis“, sagt er.

Mehr Förderung vom Bund erwünscht

Bei Matthias Schmitten rennt er damit offene Türen ein. Die Diakonie RWL würde ihren „Bufdis“ gerne mehr Vergünstigungen ermöglichen. Doch die 2018 zugesagten Fördergelder für den Freiwilligendienst vom Bund seien bisher nicht geflossen. Im Gegenteil, im Bundeshaushalt für 2020 seien die Finanzmittel sogar wieder gestrichen worden, kritisiert Schmitten.

Heiner Dütz empfiehlt den Freiwilligendienst in jedem Fall. Viele Leute suchten im Alter noch eine sinnvolle Aufgabe. Ein BFD sei da sicher „besser, als allein vor dem Fernseher zu hocken“.