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08.12.2018

Es kommt ein Schiff geladen

Choralandacht | 08.12.2018 | 05:00 Uhr

Alttext  
Choralandacht | Neumann

Autor:

Straßburg, 1626. Vikar Daniel Sudermann sitzt im Pfarrhaus am Schreibtisch und bereitet den Adventsgottesdienst vor. Mit ernstem Gesicht steckt er die Feder in das Tintenfass und schaut noch einmal auf das letzte Blatt Papier mit den Gebeten und Fürbitten: Es gibt so viel zu beklagen und zu bitten. Die Not ist so groß in diesem Jahr

Musik 2:

Orgel Instrumental

Autor:

Dann verlässt er das Pfarrhaus und eilt durch den strömenden Regen zum Kirchenschiff seiner Gemeinde. Als er am Rheinhafen vorbeikommt, legt gerade ein schwer beladener Frachtkahn an. Sudermann lächelt: Morgen im Gottesdienst wird der Chor in der Gemeinde ein neues Lied singen.

Musik I

Sprecherin (overvoice)

1. Es kommt ein Schiff, geladen

bis an sein' höchsten Bord,

trägt Gottes Sohn voll Gnaden,

des Vaters ewigs Wort.

Autor:

Als Daniel Sudermann im Jahr 1626 dieses Lied in Straßburg in der benachbarten Klosterbibliothek entdeckt, leben die Menschen nicht nur in seiner Stadt in stürmischen Zeiten. Acht Jahre lang tobt schon ein Krieg in vielen Teilen Europas, der viele Jahre später als der dreißigjährige Krieg in die Geschichte eingehen wird. Eine unruhige, gnadenlose Zeit. Auf den Straßen immer wieder das Geschrei von Soldaten, Donnergrollen am Horizont, Säbelrasseln mit Waffen und mit Worten. Und mitten in diesen Unruhen und finsteren Entwicklungen die Kirche als ein rettendes Schiff. Seit dem Mittelalter taucht dieses Bild des Schiffes für die christliche Gemeinde auf. Wie die Arche Noah in der biblischen Geschichte die Rettung vor der Sintflut bringt, so ist die Kirche ein Rettungsboot in unruhiger Zeit. Ein Boot, das festgemacht hat auf der Erde. Ein Schiff mit einer besonderen Fracht. Mit heilsamen Worten für Menschen, die in stürmischer See an Bord gekommen sind.

?

Musik I.

Sprecherin (overvoice)

3. Der Anker haft' auf Erden,

da ist das Schiff am Land.

Das Wort will Fleisch uns werden,

der Sohn ist uns gesandt.

Autor: Auf meinem Schreibtisch im Gemeindebüro liegt eine Grußkarte. Ich habe sie bei der Vorbereitung meiner Adventspredigt wiederentdeckt. Ein Freund hat sie mir 1987 vor Weihnachten geschickt. Auf der Vorderseite der Karte steht ein Gedicht von Miroslav Holub, dem tschechischen Arzt und Dichter. Es handelt auch von einem Schiff in stürmischer Zeit. Damals, als das Gedicht entstand, gab es noch keine GPS – Smartphones, mit denen man Notrufe verschickte. Nachrichten wurden noch als Telegrame über Telegrafenmasten von Land zu Land übermittelt.

Sprecher:

Der vogel war schon ganz am ende des liedes.

Und der baum zerfloß ihm unter den füßen.

Und am himmel rollten sich die wolken ein,

und die finsternis strömte durch alle fugen

in das sinkende schiff der landschaft.

Nur in den telegrafendrähten funkte

Unablässig

Die botschaft:

O-Ton: Morsezeichen

Sprecher:

Komm, es ist ein Junge.

Autor:

Der Dichter Miroslav Holub erlebt eine Flut. Ein Hochwasser von einem Ausmaß, dass an die Sintflut erinnert. Die ganze Landschaft wird zum Oberdeck eines Schiffes, das im Sinken begriffen ist.

Und als letzter Hoffnungsschimmer ertönt ein SOS Ruf. Wie ein Gebet. Gott wird als Vater angerufen, dessen Sohn soeben geboren wurde.

An vielen Orten auf der Welt fällt besonders um Weihnachten viel Regen - und das führt alljährlich zu schweren Überflutungen. 2015 waren Regionen in Südamerika, Südostasien und Europa betroffen. In diesem Jahr in Japan und in Indien und immer wieder auch bestimmte Gegenden in unserem Land. Dann dringt mit dem Tod von Menschen und Tieren auch eine leidvolle Finsternis wie eine sintflutartige Wassermasse in die Landschaft –

so wie im Gedicht des Weihnachtsgrußes. Menschen verlieren in den Fluten ihr Hab und Gut und oft genug auch ihr Leben. Nicht nur für die betroffenen Menschen schreit diese Not wie ein SOS Signal zum Himmel. Sondern auch für die christliche Kirche. Sie muss für die Christen, und also für das Schiff der Kirche, immer wieder ein Aufruf zur Solidarität, zum Mitleiden mit den Opfern und zum Mithelfen sein. So, wie es die Gemeinde Daniel Sudermanns schon damals verstand. Eine Form der Solidarität besteht in der Fürbitte. In jedem Gottesdienst nicht nur zur Adventszeit stimmen Christinnen und Christen mit ein in den Notruf der Menschen zu Gott.

Musik I.

Sprecherin (overvoice)

5. Und wer dies Kind mit Freuden

umfangen, küssen will,

muss vorher mit ihm leiden,

groß Pein und Marter viel

Autor:

Das von Daniel Sudermann entdeckte Lied geht zurück auf den Mystiker Johannes Tauler. Für ihn bedeutet Advent nicht nur die Erinnerung an ein längst vergangenes Ereignis in dem kleinen Ort Bethlehem. Vielmehr geschieht die Ankunft Gottes so , dass Christus immer wieder neu in uns geboren wird. Und uns so zum Mitleiden und zur Solidarität fähig macht. Gott ist in Jesus Christus solidarisch und mitleidend geworden. Bis zum Tod.

Musik I.

Sprecherin (overvoice)

6. Danach mit ihm auch sterben

und geistlich auferstehn,

das ewig Leben erben

wie an ihm ist geschehn.

Autor:

Es gibt Zeiten, da brauchen wir Ruheorte. Da haben wir genug von den Katastrophen und Unglücken, die wir täglich zu sehen und zu hören bekommen. Dem Krieg in Syrien. Den Terroranschlägen durch Selbstmordattentäter. Den Nachrichten über Handelskriege. Den Bildern von Überschwemmungen und Taifunen. Da brauchen wir es, im Kirchenschiff zu sitzen und uns von der Liebe Gottes bewegen zu lassen. Die Adventszeit erinnert uns daran, dass Gott in Jesus Christus zu uns gekommen ist. Er ist an unserer Seite. Das verändert etwas: Wir können Kraft tanken und dann aufstehen, um neuen Lebensmut zu verbreiten. Damit Gott auch heute ankommen kann bei den Menschen in unruhigen Zeiten.

Musik I.

Sprecherin (overvoice)

2. Das Schiff geht still im Triebe,

es trägt ein teure Last;

das Segel ist die Liebe,

der Heilig Geist der Mast.

Autor:

Adventliche Konzerte, gemütliche Feiern mit Adventsschmuck und Kerzenschein, all das bestimmt in diesen Tagen das kirchliche Leben. Gott kommt zu uns. Das ist die Botschaft dieser Zeit, in der Advent gefeiert werden soll. In der die Ankunft Gottes verkündet werden soll, der die Liebe ist. Mit dieser Botschaft wird die Kirche ankommen bei den Menschen, die sich nach Ruhe sehnen. Nach einem Ort, wo man keine Angst haben muss. Wo die Liebe zueinander neu motiviert. Und Gottes Geist allen, die da sind, Lebensmut schenkt. Morgen finden in vielen Kirchenschiffen wieder Adventsgottesdienste statt. Dort wartet vielleicht auch für Sie eine Zeit, um zu Ruhe zu kommen, neu Gottesdienst zu feiern. Und Gott zu loben.

Musik I.

Sprecherin (overvoice)

4. Zu Bethlehem geboren

im Stall ein Kindelein,

gibt sich für uns verloren;

gelobet muss es sein.

Musikangaben

Musik 1

CD-Name:Es ist ein Ros entsprungen

Titel:Es kommt ein Schiff geladen

Track:2

Interpret:Wilhelmshavener Vokalensemble

Leitung:Ralp Popken

Komponist:Köln 1608

Texter:Daniel Sudermann

Verlag:Hansisches Druck-und Verlagshaus Hamburg

LC-Nr.:16005

Label:Edition Chrismon

Musik 2

CD-Name:Es ist ein Ros entsprungen

Titel:Es kommt ein Schiff geladen

Track:1

Interpret:Albert Behrends-Orgel

Komponist:Köln 1608

Texter:Daniel Sudermann

Verlag:Hansisches Druck-und Verlagshaus Hamburg

LC-Nr.:16005

Label:Edition Chrismon